23./24. Juni 2023 - nächster Trauma-Kongress:

Methodenvielfalt in der Psychotraumatologie und die Wurzeln der Gewaltintrojekte

Täterbindung, Gruppentherapie und Soziale Neurobiologie - Kongress 2015


Donnerstag, 11.06.2015, 1. Vortragstag

Zeit Sprecher Programm
12:00
Öffnung des Tagungsbüros
13:00 Prof. Dr. Stephen W. Porges (USA)

Soziale Verbundenheit als biologischer Imperativ: Eine polyvagale Perspektive

Im Vortrag werden die Grundlagen der Polyvagal Theorie erläutert. Dabei soll hervorgehoben werden, welche wichtigen biologischen Grundlagen sozialen Verhaltens wir uns mithilfe der polyvagalen Perspektive erschließen können. Daran wird deutlich, warum die Wechselwirkungen zwischen sozialem Verhalten und biologischen Einflussfaktoren so wesentlich für den therapeutischen Prozess sind. Soziale Interaktionen, die dem Patienten helfen, sich sicher zu fühlen und positive Reaktionen hervorrufen, dienen als neuronales Training, das die physiologische Regulation und die psychophysische Gesundheit verbessert.
Die Polyvagaltheorie bietet eine biobehaviorale Grundlage für therapeutische Strategien, die Interaktionen in der Gruppe bewirken. Von der polyvagalen Perspektive aus betrachtet, wird mit den Interaktionen in der Gruppe das System des sozialen Engagements trainiert und insofern die Fähigkeit des Klienten, sich sicher zu fühlen. Traumatisierte Patienten erhalten so die Möglichkeit beide Verteidigungsmechanismen, die der Mobilisation (Kampf/Flucht Verhaltensweisen) und die der Immobilisation (Abschalten und Dissoziation), abzubauen.

14:10
Kurze Pause
14:15 Prim. Prof. Dr. Dr. DP Andreas Remmel

Täterintrojekte und Täterbindungen bei schweren Traumafolgestörungen und emotional-instabilen Persönlichkeitsstörungen

Reale und internalisierte Täterbindungen und Täterintrojekte von PatientInnen stellen Behandler in der Traumatherapie vor große Herausforderungen. Sie sind ambivalent oder desorganisiert an Täter gebunden, halten den Täterkontakt aufrecht, zeigen eine hohe autodestruktive Symptomatik, eine „doppelte Buchführung“, und bringen diese Bindungsrepräsentationen auch in die therapeutische Beziehung mit ein. In der Praxis hat sich ein gestuftes therapeutisches Vorgehen zur Symptomkontrolle und Deaktivierung selbstschädigender Muster, zur Förderung regulatorischer Kompetenzen und zur Klärung von Täterbindungen und Täterintrojekten bewährt. Die achtsamkeitsbasierte integrative Traumatherapie bietet dafür einen sehr guten konzeptionellen und praktischen Rahmen. Der Vortrag gibt einen kurzen systematischen Überblick über Grundlagen, praktische Behandlungsansätze und eigene empirische Erfahrungen.

15:00
Kaffeepause sowie Buch-, CD-, Infostände
15:30 Dr. Ruth Blizard (US)

Täterbindung in Familien: Doppelbindung und Dissoziation

Wenn Kinder von traumatisierenden, narzisstischen Bezugspersonen abhängig sind, sind sie in einer Doppelbindung gefangen. Um zu überleben müssen sie die Bindung zum Täter aufrechterhalten, dabei wird aber zugleich ihr Selbst und ihr Selbstwirksamkeitserleben zerstört. Der narzisstische Täter fühlt sich von der Abgrenzung des Kindes bedroht und zwingt das Kind seine Kreativität und Unabhängigkeit aufzugeben. Der Täter liebt das idealisierende und positiv spiegelnde Kind, reagiert aber beim ersten Anzeichen von Unabhängigkeit mit Vernichtung. Das Kind bildet zwei dissoziierte Selbstanteile, einen unterwürfigen, idealisierenden, der die Bindung aufrechterhält und einen selbstschützenden, der einen Rest Kontrolle bewahrt, indem er sich mit dem Täter identifiziert. Der Täter fühlt sich von allen Meinungen und Beziehungen außerhalb seines Einflussbereichs bedroht und so wird die Familie nach außen abgeschottet. Die Mitglieder werden sozial isoliert und immer abhängiger. Menschen, die mit einer solchen Dynamik aufgewachsen sind, sind unter Umständen empfänglicher für religiöse Sekten und politische Randbewegungen mit autoritären, charismatischen Anführern.

16.10
Kurze Pause
16:15 Dr. rer. nat. DP Ralf Vogt

Einführung in die Problematik einer bindungsorientierten Gruppenpsychotherapie für dissoziative Patienten

Im Einführungsreferat werden die besonderen Erfahrungen mit dissoziativen Traumapatienten in der analytischen Behandlung diskutiert und die Notwendigkeiten der expliziten Berücksichtigung von dissoziativen Täterintrojekten und Täterbindungen in der Langzeitarbeit aufgezeigt. Durch systemische Fallanalysen wurde schnell deutlich, dass der Erfolg der eigenständigen und gesünderen Persönlichkeitsentwicklung von sehr konkreten stützenden, solidarischen Netzwerken abhängt, da die Beziehungsstrukturen der Herkunftsfamilie oder Bezugsgruppen zu störungsspezifisch invasiv und zirkulär organisiert sind. Hierzu werden Beispiele benannt. Die Konzeption einer gerade auf dissoziative Traumapatienten zugeschnittenen Gruppen- und Netzwerkarbeit ist jedoch psychodynamisch auch zerstörerischen Energien der Klienten selbst ausgesetzt. Aufgrund dieser langjährigen Erfahrungen wurde ein abgestuftes Behandlungsmodell SPIM 30 entwickelt um die Gefahren dieser zerstörerischen Potenziale zu entschärfen und gesündere Wachstumsprozesse zu ermöglichen.

 

16:45
Kurze Pause
16:50 Prof. Dr. Sue Carter (US)

Die heilende Kraft der Liebe: Eine Oxytocin Hypothese (Teil I)

In dieser Präsentation werden die hormonalen und neuronalen Mechanismen vorgestellt, die den förderlichen und heilenden Effekten liebevoller Beziehungen zugrunde liegen. Liebe ist zutiefst biologisch. Liebe hat außerdem einen tiefgreifenden Einfluss auf unseren physischen und psychischen Zustand und durchdringt alle Bereiche unseres Lebens. Ohne liebevolle Beziehungen können Menschen sich nicht entwickeln, selbst wenn alle anderen Grundbedürfnisse erfüllt werden. Das Neuropeptid Oxytocin ist dabei ausschlaggebend und erklärt, warum die Anwesenheit oder Abwesenheit von Liebe eine so große Rolle spielt. Oxytocin beeinflusst die soziale Kognition, soziale Bindung, soziale Unterstützung, Wachstum und Regeneration. Oxytocin reguliert unsere endokrine, autonome und emotionale Reaktion auf Stress, kann Angst mindern, Vertrauen und Empathie verstärken und die Wahrnehmung subtiler emotionaler Merkmale verändern. Wir wissen heutzutage sogar, dass Oxytocin spezifische Eigenschaften hat, die die psychophysische Heilungsfähigkeit direkt beeinflussen.

17:30
Veranstaltungsende


Freitag, 12.06.2015, 2. Vortragstag

Zeit Sprecher Programm
8:00
Öffnung des Tagungsbüros
9:00 Prof. Dr. Stephen W. Porges (USA)

Soziale Verbundenheit als biologischer Imperativ: Eine polyvagale Perspektive

In diesem Vortrag wird vertieft dargelegt, wie Klienten in der Therapie von sozialen und Kontextfaktoren beeinflusst werden. Hierbei wird das Konzept der Neurozeption genauer beleuchtet (die unbewusste Einschätzung der Umwelt in Bezug auf Gefahren durch das Nervensystem). Dabei ist es wichtig zu verstehen, wie die Neurozeption die Offenheit des Klienten für intersubjektive und zwischenmenschliche Erfahrungen mit dem Therapeuten oder anderen Menschen im sozialen Umfeld beeinflusst. Neurozeption wird als ein Prozess diskutiert, durch den neurophysiologische Zustände verändert werden können. nach der Polyvagaltheorie zum Beispiel, dass System des sozialen Engagement, die Mobilisierung mit und ohne Angst und die Immobilisierung mit und ohne Angst. Jedes dieser Systeme hat spezifische psychische, verhaltensseitige und klinische Konsequenzen. Außerdem werden die Stufen eines polyvagalen Syndroms präsentiert, mit denen klinische Symptomcluster im Rahmen der Polyvagaltheorie zusammengefasst werden.

10:10
Kurze Pause
10:15 Prof. Dr. Bernhard Strauß

Trauma und sozialer Mikrokosmos in der Gruppe

Im Kontext von Gruppenpsychotherapien gibt es eine lang anhaltende Diskussion über die Frage, ob und in welcher Weise Traumata überhaupt in Gruppen zur Sprache gebracht und bearbeitet werden können bzw. sollen. Begreift man die Gruppe als sozialen Mikrokosmos, ist andererseits anzunehmen, dass traumatische Erfahrungen von Gruppenmitgliedern offen oder verdeckt zwangsläufig in Gruppen sichtbar werden und in den Prozess „eindringen“. Anhand von Beispielen wird gezeigt, wie sich diese Momente auf den Gruppenprozess auswirken und wie das konstruktive Potenzial von Gruppen zur Bearbeitung der Erfahrungen genutzt werden kann.

11:20
Kaffeepause sowie Buch-, CD-, Infostände
11:50 Dr. rer. nat. DP Ralf Vogt

Struktur und Erfahrungen mit einer Gruppenpsychotherapiekonzeption nach SPIM 30 für dissoziative Traumaklienten

Nachdem im Einführungsreferat auf die generelle Bedeutung einer sozialen Netzwerkgruppe zur analytischen Vertiefung der individuellen Einsicht und gemeinschaftlichen Solidarität für die Ablösung von bindungsgeschädigten Traumapatienten aus ihren Prägungssystemen hingewiesen wurde soll im Hauptreferat ein theoretischer Auszug aus dem SPIM 30-Modell erläutert werden, der die langzeiterprobte Gruppenkonzeption für komplextraumatisierte Langzeitpatienten nachvollziehbar werden lässt. Aspekte von Täterintrojektion, Täterbindung, Tätersystemen sollen dabei als ineinandergreifende psychodynamische Beziehungsgestaltungsnetzwerke verstanden werden, welche letztlich nur mit zuverlässigen, berechenbaren und belastungsfähigen Therapiestrukturen erfasst und gelockert werden können. Patienten der man-made-desaster-Psychotraumata können den Reinszenierungszwang mit der therapeutischen Hilfe von psychagogischen und emotional aktivierenden Externalisierungssettings erspüren lernen. Die handlungsaktiven Stabilisierungs- und Psychotraumaexpositionssettings korrespondieren dabei mit neurobiologischen Steuerungskategorien der Polyvagaltheorie von Porges und mit bindungstheoretischen Erkenntnissen bei dissoziativen Patienten.

12.50
Mittagsimbiß vor Ort sowie Buch-, CD-, Infostände
14:00 Adah Sachs (GB)

Zwei Arten von Dissoziativer Identitätsstörung: Stabil und Aktiv

In diesem Vortrag wird zwischen zwei Arten der Dissoziativen Identitätsstörung unterschieden, Stabil und Aktiv. Menschen mit einer stabilen DIS leiden unter dem Einfluss schwerer traumatischer Kindheitserfahrungen, sie sind aber im Hier und Jetzt in Sicherheit und können sich auf ihre Genesung konzentrieren. Im Gegensatz dazu scheinen Menschen mit aktiver DIS nicht in der Lage für sich ein sicheres Leben zu etablieren. Stattdessen geraten sie, entgegen ihren eigenen Wünsche und therapeutischen Bemühungen, immer wieder in gewalttätige Beziehungen, die den Misshandlungen ihrer Kindheit gleichen oder sogar eine direkte Fortsetzung darstellen. Die neuen Traumatisierungen führen zu erneuter Dissoziation und die Menschen sind gefangen in einem Teufelskreislauf, bei dem die DIS beständig und aktiv erneuert wird. Die Differenzierung zwischen stabiler und aktiver DIS kann helfen einige der klinischen Unterschiede zu erklären und verdeutlicht, dass beide Typen unterschiedliche Behandlungsansätze erfordern. Der Vortrag wird therapeutische Prinzipien für die Arbeit mit beiden DIS-Typen skizzieren.

15:10
Kurze Pause
15:15 MS Psych Winja Lutz

Die Wirksamkeit simultan-kombinierter Einzel- und Gruppentherapie mit traumatisierten, dissoziativen Patienten

In einer simultan-kombinierten Einzel- und Gruppentherapie behandeln dieselben Therapeuten ihre Patienten zur gleichen Zeit in Einzel- und Gruppentherapie. Komplex beziehungstraumatisierte Patienten können so Kindheitstraumata im Einzelsetting verarbeiten und eine stabile therapeutische Beziehung erleben, während das soziale Trauma und die soziale Isolation im sozialen Kontext der Gruppe bearbeitet werden. In den entsprechenden Fachgremien wird aktuell diskutiert, die freie Kombination von Einzel- und Gruppenpsychotherapie auch für die tiefenpsychologisch fundierte Therapie zuzulassen. Diese lang andauernden berufspolitischen Bemühungen zeugen von den Best-Practice Erfahrungen, die eine solche Kombination gerade bei schweren Störungen befürworten.
Im Vortrag wird die neueste Forschung des Trauma-Institut-Leipzig vorgestellt. Die Patienten einer simultan-kombinierten Einzel- und Gruppentherapie nach dem SPIM 30 Modell wurden mit indirekter und direkter Veränderungsmessung untersucht. Sie bewerteten ihre Veränderungen über den Therapieverlauf insgesamt als sehr signifikant und die Kombination von Einzel- und Gruppentherapie als besonders hilfreich. Hervorgehoben wurden dabei die Synergieeffekte zwischen Einzel- und Gruppentherapie und die Bedeutung der Therapeutenkontinuität für traumatisierte Patienten, die sich mithilfe der sicheren Bindung zu ihren Einzeltherapeuten besser auf die Gruppentherapie einlassen konnten.

16:15
Kaffeepause sowie Buch-, CD-, Infostände
16:45 DP Claudia Maria Fliß

Gruppentherapie mit Persönlichkeitsanteilen bei dissoziativen Störungen

Vorgestellt wird ein gruppentherapeutisches Konzept für die traumatherapeutische Arbeit mit Menschen, die von dissoziativen Störungen betroffen sind. Ausgehend davon, dass die Spaltungen zwischen den “Persönlichkeitsanteilen” (“Persönlichkeiten” bei einer Dissoziativen Identitätsstörung) durch die Notwendigkeit des Überlebens entstanden sind, wird versucht, durch den Aufbau von Kontakt und Kommunikation zwischen den Persönlichkeitsanteilen diese Spaltungen allmählich aufzulösen. Ein Ziel kann das Zusammenfinden aller Persönlichkeitsanteile, die Kontaktaufnahme miteinander, ein Miteinander Tragen aller Belastungen der traumatischen Geschichte sowie eine gemeinsame Lebensgestaltung sein, die der heutigen Realität entspricht. Ein anderes Ziel kann eine Annäherung der Persönlichkeitsanteile bis hin zu einer allmählichen Verschmelzung sein.

17:45
Veranstaltungspause, keine Verkaufsstände
20:00
Tagungsfest mit Barbecue, Carolin Fischer, Tanz mit DJ Andy und Clownseinlagen der Leipziger Nasen


Samstag, 13.06.2015, 3. Vortragstag

Zeit Sprecher Programm
8:00
Öffnung des Tagungsbüros
9:00 Prof. Dr. Andrew Moskowitz (DK)

Wessen Stimme hören wir? Normale Selbstanteile, Stimmen bei Schizophrenie und Persönlichkeitsanteile der Dissoziativen Identitätsstörung

Im 20. Jahrhundert wurde die Schizophrenie die längste Zeit als genetisch bedingte Hirnkrankheit betrachtet, deren Symptome keinerlei Sinn ergaben und die keine Verbindung zu tatsächlichen Lebenserfahrungen darstellten. Auf der anderen Seite wird die Dissoziative Identitätsstörung mit schweren und oftmals sadistischen Kindheitsmisshandlungen in Verbindung gebracht. In diesem Vortrag werden theoretische, empirische und klinische Beweise vorgestellt, die belegen, dass die Stimmen bei einer Schizophrenie und Persönlichkeitsanteile bei einer DIS beide von Natur aus dissoziativ sind und zudem auch mit normalen Selbstanteilen in Verbindung stehen. Mögliche Gründe für den gesellschaftlichen und fachlichen Widerstand gegenüber diesen Erkenntnissen werden diskutiert.

10:10
Kurze Pause
10:15 Prof. Dr. med. Luise Reddemann

Ressourcenorientierte Gruppenpsychotherapie bei komplextraumatisierten Patienten

Gruppentherapien können "Treibhäuser für Ressourcen" (Trenkle) sein, denn das Zusammentragen, Aktivieren und Nutzen von Ressourcen in Gruppen fördert sowohl die Potenziale Einzelner wie der Gruppe. Bei traumatisierten PatientInnen sollte dies im Wechsel mit der Auseinandersetzung mit belastenden Erfahrungen geschehen. Im Vortrag werden Möglichkeiten und Grenzen des Ansatzes, der sich an den Grundsätzen der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie orientiert, vorgestellt. Das strukturierte Vorgehen soll anhand von klinischen Erfahrungen und Fallvignetten erläutert werden.

11:20
Kaffeepause sowie Buch-, CD-, Infostände
11:50 Prof. Dr. DP Michael Hayne

Traumatisierung und Möglichkeiten der Gruppentherapie

Traumatisierungen, vor allem durch intentionale zwischenmenschliche Gewalt, führen zu Misstrauen und Rückzug. Eine soziale Reintegration sowie die Rückgewinnung von zwischenmenschlichem Vertrauen im Rahmen einer psychodynamischen Gruppentherapie anzustreben, ist naheliegend, traumatisierte Menschen können hier aber auch leicht verletzt werden. Als Gruppentherapeuten brauchen wir besondere zwischenmenschliche Einfühlung und müssen besonders wach und zu schnellem verbalem Eingreifen bereit sein. Außerdem brauchen wir eine besondere Fähigkeit, unsere Gegenübertragung zu kontrollieren sowie uns für eigene Schwächen und Fehler unkonventionell zu öffnen. Das soll anhand von Fallvignetten erläutert werden.

12.50
Mittagsimbiß vor Ort sowie Buch-, CD-, Infostände
14:00 Prof. Dr. Sue Carter (US)

Die heilende Kraft der Liebe: Eine Oxytocin Hypothese (Teil II)

Diese Präsentation wird die evolutionäre Bedeutung von Oxytocin beleuchten. Es wird die neue Forschung zu epigenetischen Mechanismen vorgestellt, die durch frühe Erfahrungen das Oxytocin-System verändern und so das Eltern-Kind-Bindungsverhalten beeinflussen und beeinträchtigen können. Oxytocin ist eines der häufigsten Moleküle im menschlichen Körper. Jenseits der Reproduktion erfüllt es viele Funktionen, die die Evolution des Sozialverhaltens, das menschliche Überleben und unsere weiterentwickelten kognitiven Fähigkeiten erklären. Oxytocin spielt außerdem eine wichtige Rolle für den Einfluss früher Erfahrungen und das Bindungsverhalten von Eltern und Kind. Frühe Erfahrungen, wie etwa die elterliche Fürsorge oder auch die Zuführung von exogenem Oxytocin, kann die Oxytocin-Rezeptoren potenziell so steuern, dass die Fähigkeit Liebe zu geben und anzunehmen lebenslang davon beeinflusst ist.

15:10
Kurze Pause
15:15 DP Irina Vogt

Dissoziative Patienten auf die gruppenpsychotherapeutische Arbeit vorbereiten

Im Vortrag werden anhand von konkreten Fallvignetten und eines Behandlungsprozessbeispiels im tiefenpsychologisch ambulanten Langzeitverlauf gezeigt, wie gerade komplextraumatisierte, dissoziative PatientInnen ein sozialphobisches Kontaktdefizit aufweisen und eine soziale psychodynamische Öffnung im therapeutischen Raum benötigen, um in eine wirklich neue Selbstwahrnehmungsqualität ihrer Störung sowie eine neue Beweglichkeit ihrer Erlebens- und Verhaltensfixierungen einzutreten. Traumapatienten lernen zum Teil schneller von und mit anderen Traumapatienten als in zum Teil angstbesetzten therapeutischen Einzelbeziehungen. Dabei entstehen auch für die PsychotherapeutInnen neue Selbsterfahrungsanforderungen, weil die Behandler für ihre Traumapatienten flexibler und geordneter in der Struktur sein müssen, als es z. B. für Neurosepatienten erforderlich wäre.

16:15
Kaffeepause sowie Buch-, CD-, Infostände
16:45 Dr. Ruth Blizard (US)

Dissoziation, Doppelbindungen und Gefangensein in religiösen Sekten und repressiven politischen Gruppierungen

Charismatische Sekten und extremistische politische Gruppierungen werden oft von manipulativen sadistischen Narzissten angeführt, die ihren Anhängern Erleuchtung oder Utopia versprechen. Sie dürfen sich als etwas Besonderes und anderen überlegen fühlen, solange sie ihren Anführer idealisieren und sich ihm unterwerfen. Wenn sie seine Autorität infrage stellen oder gar eine eigene Meinung äußern, werden sie erniedrigt oder sogar körperlich angegriffen. Von den Anhängern wird erwartet, dass sie alle Verbindungen zur Außenwelt kappen, sodass sie völlig abhängig sind von ihren Unterdrückern. Um die Bindung aufrechterhalten zu können, dissoziieren die Opfer die erlittene Gewalt und idealisieren die Anführer. Ähnlich wie bei Tätern in der Familie, rechtfertigen narzisstische politische und religiöse Anführer ihre autoritären Regeln, indem sie die Wahrnehmung traumatischer Vorfälle verzerren, Informationen manipulieren und Abtrünnige dämonisieren. Durch paradoxe Doppelzüngigkeit (mit der Dinge sprachlich in ihr Gegenteil verkehrt werden) kann eine hypnotische Logik hergestellt werden, die das unethische Verhalten der Anführer rechtfertigt. Dissoziation wird über Schlafentzug, monotone Überarbeitung und sensorische Überforderung forciert. Solange Patienten noch Teil der Gruppierung sind, werden diese Bedingungen die Therapie stagnieren lassen.

17:45
Abschlußstatements
18:00
Veranstaltungsende




Veranstalter

Trauma-Institut-Leipzig an der Akademie für Ganzheitliche Psychotherapie Fortbildungszyklen für Traumafachberater und Psychotraumatherapeuten

Akademie für Ganzheitliche Psychotherapie (gemeinnützige Organisation) Fortbildung in trauma- und körperorientierter schulenübergreifender Psychotherapie